Was gut für Investoren ist, ist auch für Übersetzer gut.
Diversifizierung war schon immer eine kluge Idee für Unternehmer. Genauso wie Anleger ihr Risiko streuen, indem sie ihr Geld in verschiedene Anlagen in unterschiedlichen Sektoren investieren, können sich Unternehmer gegen die Risiken in einem bestimmten Geschäftsbereich absichern, indem sie ihre Aktivitäten auf andere Bereiche/Produkte/Dienstleistungen ausdehnen.
Für Übersetzer ist Diversifizierung heute nicht mehr nur eine gute Idee, sondern fast eine Notwendigkeit. Die rasante Entwicklung der maschinellen Übersetzungstechnologie bedeutet, dass immer mehr Arbeit, die bisher von Menschen erledigt wurde, nun von Maschinen durchgeführt wird. Oder es kann zumindest mit Hilfe der maschinellen Übersetzung effizienter erledigt werden.
Auch wenn es noch zu pessimistisch ist zu sagen, dass menschliche Übersetzer bald überflüssig werden, hat der Aufstieg der maschinellen Übersetzung und der künstlichen Intelligenz die Landschaft der Übersetzungsbranche sowie den Charakter des Berufs für immer verändert. Übersetzer müssen sich dieses Wandels bewusst sein und ihre Geschäftsmodelle entsprechend anpassen.
Wandel ist immer mit Angst und Unsicherheit verbunden – doch er eröffnet auch eine Vielzahl lukrativer Geschäftsmöglichkeiten.
Im Folgenden werden einige Möglichkeiten aufgezeigt, wie Übersetzer ihr Geschäft diversifizieren können, um neue Chancen zu nutzen und bestehende Risiken zu streuen.
Sprachdienstleistungssektor
Die naheliegendsten Diversifizierungsmöglichkeiten für Übersetzer sind in der Sprachdienstleistungssektor selbst zu finden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Da man bereits in dieser Branche tätig ist, kennt man die Anforderungen, die geltenden Normen, die Chancen und Risiken. Es kann zwar notwendig sein, sich bestimmte neue Fähigkeiten anzueignen. Man muss jedoch nicht allzu viel Zeit damit verbringen, sich grundlegende Branchenkenntnisse anzueignen.
Viele Übersetzer bieten ihren Kunden bereits andere Sprachdienstleistungen an, ohne zu wissen, dass dies ein erster Schritt zur Diversifizierung ist.
Unten sind einige Möglichkeiten aufgeführt, wie ein Übersetzer innerhalb des Sprachdienstleistungssektors diversifizieren kann:
- Nachbearbeitung von maschinellen Übersetzungen („Post Editing“)
- Übersetzungen für die Untertitelung von Filmen, Serien
- Überprüfung und Korrektur von Texten, die nicht von Native Speakers übersetzt wurden
- Terminology Management (TM)
- Einzelsprachunterricht
Andere Sektoren
Manche Übersetzer möchten sich vielleicht nach zusätzlichen Einkommensquellen außerhalb des Sprachdienstleistungssektors umsehen. Diese Möglichkeiten sind zu zahlreich, um sie alle hier aufzuzählen. Unten sind jedoch einige Möglichkeiten aufgeführt, mit denen Übersetzer ihr Geschäftsmodell erweitern können:
- Unterricht (exkl. Sprachunterricht)
- Digitales Marketing (z. B. SEA, SEO, Content Marketing)
- Schreiben von Büchern
- Copywriting
- Technisches Schreiben
- Gründung eines Online-Shops
Arten der Diversifizierung
Passives Einkommen
Gute Beispiele für passive Einkommensquellen sind Bücher oder Online-Kurse, die – einst sie geschrieben bzw. aufgenommen sind – ohne weiteren Aufwand (abgesehen von Aktualisierungen usw.) verkauft werden können. Diese Einkommensquellen sind eine hervorragende Versicherung für Freiberufler, da sie auch dann noch ein Einkommen bieten, wenn Sie (z. B. aufgrund einer Verletzung oder eines Unfalls) einige Zeit nicht arbeiten können.
Aktives Einkommen
Tätigkeiten, die aktives Einkommen generieren erfordern persönliche Anwesenheit, um die Dienstleistung zu erbringen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Unterrichten in einem Klassenzimmer: Sie müssen persönlich anwesend sein, um das Einkommen zu erzielen.
„Upstream“ Dienstleistungen
Wenn Sie sich diversifizieren möchten, aber dennoch in der Nähe des Sprachdienstleistungssektors bleiben wollen, können Sie erwägen, „stromaufwärts zu schwimmen“, d. h. Dienstleistungen für Übersetzer anzubieten. Beispiele von solchen „Upstream-Dienstleistungen“ sind CAT-Tool-Schulungen oder Coaching.
Innovativ
Besonders einfallsreiche oder unternehmerisch denkende Personen könnten eine neue und innovative Idee haben (entweder innerhalb oder außerhalb des Sprachdienstleistungssektors), die sie entwickeln und schließlich auf den Markt bringen. Beispiele:
- Entwicklung eines neuen CAT/MT-Tools
- Entwicklung einer neuartigen Terminologie-Datenbank, z. B. für eine bestimmte Branche
- Jede andere Erfindung oder Innovation (z.B. eine App).
Diese Projekte sind mit erheblichen Risiken und Unsicherheiten verbunden. Die Belohnung kann aber enorm sein.
Tipps
Wenn Sie sich entschieden haben, Ihr Geschäftsmodell zu diversifizieren, sollten Sie unbedingt einige Dinge beachten:
1. Üben Sie sich in Projekt- und Zeitmanagement
Wenn Sie sich entscheiden zu diversifizieren, oder einen spannenden neuen Auftrag zu übernehmen, ist es wichtig zu wissen, wie viel Zeit Sie dafür benötigen und nach welchem Zeitplan Sie arbeiten müssen, um die Arbeit abzuschließen. Soweit möglich, müssen Sie Ihre Übersetzungsprojekte um Ihre anderen Projekte herum planen.
2. Termine merken
Nichts wirkt unprofessioneller, als Fristen zu vergessen oder zu überschreiten. Stellen Sie sicher, dass Sie über Systeme verfügen, die Sie rechtzeitig an anstehende Fristen oder Aufgaben erinnern. Ich finde, dass der Microsoft Outlook-Kalender meinen Bedürfnissen entspricht, aber es gibt auch viele andere Tools.
3. Kennen Sie Ihre eigenen Grenzen und haben Sie keine Angst, mal „nein“ zu sagen
Als Selbstständiger ist man versucht, alle Aufträge anzunehmen, die einem angeboten wird. Man weiß ja nicht, wann die nächsten kommen werden! Was auch immer der Grund sein mag: es ist so leicht, sich selbst zu überfordern. Dann versäumt man wichtige Fristen, liefert schlechte Arbeit, oder rutscht im schlimmsten Fall in ein Burnout.
Schätzen Sie Ihre Fähigkeiten realistisch ein und sagen Sie im Zweifelsfall lieber einen Auftrag ab.
4. Haben Sie aber auch nicht zu viel Angst davor, „ja“ zu sagen!
Wir haben bereits über die Fähigkeit gesprochen, „nein“ zu sagen… aber es ist genauso wichtig, „Ja“ sagen zu können! Die Expansion in einen anderen Geschäftsbereich bedeutet zwangsläufig eine mehr oder weniger steile Lernkurve und den eigenen Schatten überspringen zu müssen, wenn Sie neue Aufgaben erste mal erledigen. Das kann ziemlich beängstigend sein und man fragt sich, ob man es schafft!
In solchen Situationen ist es hilfreich, sich den britischen Unternehmer Richard Branson zum Vorbild zu nehmen. Er sagte: „Wenn dir jemand eine großartige Chance bietet, du dir aber nicht sicher bist, ob du sie nutzen kannst, dann sag ja – und lerne später, wie es geht!“
5. Neugierig bleiben, Augen offen halten, weiter experimentieren
Ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung als Teil Ihres Geschäftsmodells anzubieten, liegt am Ende eines langen Prozesses der Ideenfindung, der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, Marktforschung, usw. Es gibt keine Garantie dafür, dass eine bestimmte Idee es über die Phase des „vagen Nachdenkens“ hinaus schafft – geschweige denn auf den Markt kommt und zum nächsten „Hit“ wird.
Doch je mehr Ideen man hat und je mehr man experimentiert, desto größer ist die Chance, die Idee zu finden, die zum Erfolg wird. Deshalb: Hören Sie nie auf, nach neuen Möglichkeiten zu suchen. Diversifizierung ist schließlich ein Mindset – kein einmaliges Ereignis!