Dominik Fenzl (38) ist Gründer der Social Media Agentur M11.media und seit 2014 selbstständig. Mit seiner Agentur betreut er unter anderem Communities und setzt Kampagnen in fast allen sozialen Netzwerken um.
In unserem Experten-Interview zeigt er worauf es ankommt, wenn Unternehmen in sozialen Netzwerken aktiv werden und gibt praktische Tipps.
Welche Fragen sollte sich ein Unternehmen stellen, bevor es überhaupt anfängt, Aktivitäten im Bereich Social Media zu starten?
Aus meiner Sicht ist man als Unternehmen ohne Social Media Auftritt nicht wirklich existent auf dieser Welt.
Das soll nicht bedeuten, dass jede Firma einen aktiven Kanal besitzen muss; jede Firma muss jedoch heutzutage im Netz auffindbar sein. Daher ist die Wahl des Netzwerkes eine sehr wichtige Entscheidung.
Wichtige Fragen sind zweifelsohne, ob man das Netzwerk auch bedienen kann, ob man den Zweck des Netzwerkes versteht. Kleines Beispiel: ein Software Hersteller für Buchhaltungs-Software ist vermutlich auf „Instagram“ falsch aufgehoben, da er die für diesen Kanal relevanten Inhalte vermutlich nicht liefern können wird.
Wenn sich die Leiter der Firmen damit nicht auseinandersetzen möchten/ können, kann das natürlich auch eine Social Media Agentur wie zum Beispiel M11.media übernehmen. Diese Agenturen begleiten die Unternehmer bei diesem ersten Schritt und finden die korrekten Kanäle für die Auftraggeber.
Natürlich sollte auch Budget bzw. Zeit für die Betreuung der gewählten Kanäle vorhanden sein – nicht dass der Kanal zu einer Digitalen Leiche wird, weil es nicht betreuut wurde.
Daher sollten sich die Unternehmer zu allererst damit befassen, wo ihre Kunden, ihre Zielgruppen zu finden sind und wo das Unternehmen hineinpasst.
Die Vielfalt an sozialen Netzwerken ist mittlerweile sehr groß und für viele Unternehmen unübersichtlich. Wie wählt man die passenden Netzwerke aus?
DAS passende Netzwerk an sich wird es nicht geben. Viele Unternehmen würden in mehrere Netzwerke passen. Doch das ist natürlich auch eine Zeit-/ Budget-Frage. Denn jedes Netzwerk benötigt natürlich auch seine Zuwendung und Betreuung. Unter Betreuung verstehe ich die „Community“, die ich mir als Unternehmer aufbaue und auch die Erstellung von relevanten Inhalten, der auch Geld und Zeit in Anspruch nimmt.
Also sollte man wissen, wer sind meine Kunden, wen möchte man vielleicht in Zukunft als Kunden gewinnen und wo sind diese zu finden. Aus diesem Grund ist es wichtig, gleich zu Beginn eine Zielgruppenanalyse zu machen. Viele Firmen wissen aber oft nichts (oder zu wenig) über ihre Zielgruppe, oder die Zielgruppe wurde nicht definiert – und das obwohl Produkte abgesetzt werden.
Daher empfehle ich meinen Kunden sehr oft eine Persona oder mehrere Personae zu erstellen und anhand dieser „das passende Netzwerk“ auszuwählen.
Für den Beginn gibt es sehr gute Analyse-Seiten bzw. Tools, die einem helfen herauszufinden, welche Zielgruppe auf welchem Netzwerk unterwegs ist.
Was sind die häufigsten Fehler, die bei der Arbeit in sozialen Medien am Anfang passieren und wie können diese vermieden werden?
Was sind Fehler? Ich finde ja, Fehler sind dazu da, sie zu machen und daraus zu lernen. Gerade im Bereich Social Media lernt man viel durchs Ausprobieren. Durch das unmittelbare Feedback der User weiß ich ja oft sofort, was funktioniert und was nicht.
Man kann doch ein paar grundsätzliche Fehler am Anfang vermeiden, wenn man sich mit den Möglichkeiten und Einstellungen der jeweiligen Kanäle auseinandersetzt.
Alles fängt damit an, dass man sein Unternehmen im passenden Netzwerk positioniert (siehe Beispiel oben mit Software Hersteller und Instagram). Tut man das, ist vieles schon gewonnen. Für den ersten Eindruck ist es zudem wichtig, dass das Titel- und Profilbild aussagekräftig sind und gut zum Unternehmen passen.
Oder ganz banale Dinge: der Firmensitz und die Branche sollten richtig eingegeben sein. Erst vor kurzem bin ich über einen Tauchshop in Oberösterreich gestolpert, der in seinem Facebook-Firmenprofil bei der Branche „Autovermietung“ stehen hatte – das geht natürlich völlig an der Zielgruppe vorbei. Für den Kunden oder den Mitbewerb ist das vielleicht lustig zu lesen, aus der Sicht eines Social Media Experts ist es ein gravierender Fehler.
Daher ist es wichtig, sich mit einem Social Media Spezialisten zusammenzusetzen und gegebenenfalls etwas Geld in die Hand zu nehmen, bevor man hier total versagt. Professionelles Social Media im Businessbereich ist nicht mehr eine Aufgabe, die der Lehrling oder die Sekretärin nebenbei mitmacht. Da sollte man sich auskennen.
Was macht ein gutes Posting aus?
Da scheiden sich die Geister – zur Zeit ist das Nonplusultra „Storytelling“, also das Erzählen kleiner Geschichten. Das ist jedoch schon die Königsklasse und ist mit hohen Kosten verbunden, wenn man es z.B. als Video umsetzen möchte.
Natürlich funktionieren Text-Beiträge gut, wenn sie dem Leser relevanten Inhalt zu einem Produkt liefern.
Grundsätzlich gilt: je mehr Emotion ein Posting hervorruft, umso besser. Wenn der User eine „Reaktion“ zu einem Posting hinterlässt, weiss ich, dass meine Inhalte so relevant sind, dass sie meine User zu einer Interaktion veranlasst haben.
Wichtig ist auch, dabei immer authentisch zu bleiben und keine falschen Tatsachen vorzuspielen. Sei ehrlich zu deinen Kunden!
Wie sieht eine erfolgreiche Präsenz in sozialen Netzwerken aus?
Was eine erfolgreiche Präsenz ausmacht, kann man so pauschal nicht sagen.
Erfolg ist für jeden etwas anderes – das gilt genauso in den sozialen Netzwerken. Die Frage muss sich jeder selbst stellen, und auf Basis von Kennzahlen arbeiten. Wo will man mit seiner Seite hin, was will man erreichen und was soll es einem bringen?
Um ein paar erfolgreiche Social-Media-Präsenzen beispielsweise zu nennen: international sind „Die Welt“, oder „Ikea“ für mich tolle Seiten mit guten Followerzahlen. Bei „Die Welt“ finde ich das Community-Management gut gelungen. „Ikea“ ist auf vielen Kanälen gut vertreten und entwickelt für unterschiedliche Kanäle unterschiedliche Inhalte – was ein Qualitätskriterium ist, weil nicht jeder Inhalt auf jedem Kanal funktioniert.
Bei uns in Österreich sind die Unternehmen leider etwas „feiger“, wenn es um mutige Kampagnen geht, aber auch hier gibt es echt gute Brands, die erfolgreiche Social Media Kanäle führen. Hier sind z.B. die Social Media Kanäle der REWE Gruppe, also Merkur und Billa zu nennen.
Was sind die häufigsten Herausforderungen bei der Social Media Arbeit in Unternehmen und wie kann man diese meistern?
Eine der größten Herausforderungen ist sicher, dass man die Unternehmer von der Wichtigkeit eines Social Media Auftrittes überzeugen muss und dass dieser konsequent im Sinne des Unternehmens weiter zu führen ist.
Ein weiterer großer Brocken ist der Auftritt selbst. Wie sprechen wir mit unseren Usern, wann spielen wir welchen Content aus und – wie ich schon zu Beginn gesagt habe – ist es wichtig zu wissen, wer eigentlich zur Zielgruppe gehört.
Viele Firmen wissen leider nicht genau, wer deren Zielgruppe ist. Daher muss man sich auf jeden Kunden neu einstellen. Dh man muss die Firma und deren Produkte kennenlernen, bevor man eine Social Media Strategie entwickeln kann.
Für mich ist es wichtig, einmal bei der Firma gewesen zu sein: mir alles anzusehen, die Produkte kennenlernen und mit den Mitarbeitern sprechen. Nur so bekommt man ein Gefühl für die Sache und auch die Firma.
Mit Werbung können mit entsprechendem Budgeteinsatz leicht Fans oder Follower aufgebaut werden. Ist diese Taktik zielführend oder ist natürliches, ohne Werbung finanziertes Wachstum besser?
Klar kann man mit einem gewissen Budget Fans und Follower generieren. Hier muss man sich fragen, was will man damit erreichen? Will man mehr als der Mitbewerb? Warum will man mehr? Welche Fans will ich damit erreichen?
Wichtig ist, dass man Fans hat, die mit der Seite interagieren. Darum ist es nicht sinnvoll, hier auf die „billigsten“ Klicks zu setzen, da diese oft nicht die sind, die man später für Interaktionen motivieren kann.
Ich zahle lieber etwas mehr für ein „Gefällt Mir“, habe aber dann einen treuen Fan der auch auf meiner Seite aktiv ist.
Die besten Fans sind natürlich die, die auf organischem Weg, also unbezahlt zu der Seite stoßen. Wir haben ihr Interesse wirklich geweckt. Entweder haben diese Fans nach der Seite oder dem Produkt gesucht, oder sie haben durch Empfehlungen von Freunden davon erfahren.
Bei paid ist auch wichtig dass das Targeting korrekt ausgeführt wird, da es eine große Relevanz hat, wo meine Fans zuhause sind.
Unterm Strich empfiehlt es sich, eine gute Mischung aus beidem zu haben: organisches Wachstum gemischt mit paid. Viele Fans bedeutet noch lange nicht, dass die Seite gut ist.
Es gibt die Möglichkeit als Unternehmen soziale Netzwerke in Eigenregie zu betreuen oder die Arbeit auszulagern an Agenturen oder Berater. Wann macht eine interne Betreuung Sinn und wann ist externe Unterstützung zielführend?
Gute Frage! Ich denke das ist eine Budget- und auch Zeitfrage.
Extra einen Mitarbeiter einzustellen für Social Media ist natürlich mit vielen zusätzlichen Kosten verbunden. Es muss sich für ein Unternehmen auszahlen.
Bei großen Unternehmen ist ein eigener Mitarbeiter sinnvoll, wenn die Social Media Aktivitäten umfangreich sind. Gleichzeitig kann eine externe Agentur unterstützen.
Bei kleinen Unternehmen stellt sich die Frage: hab ich die Zeit für Social Media? Es ist oft das Letzte, was man am Ende des Arbeitstages macht, nach dem Motto „machen wir halt noch schnell ein Facebook-Posting“.
Ob man sich für interne Betreuung oder externe Unterstützung entscheidet kommt auf den Umfang der Aktivitäten an.
Spricht man von der Werbung alleine, sind die Kosten überschaubar. Kommt jedoch Community-Management dazu sowie die vereinbarten Erreichbarkeiten/ Reaktionszeiten, muss man in der Regel mehr ausgeben.
Das alles kann man im persönlichen Gespräch mit einem Social Media Expert ausloten und mit ihm die Kosten-Nutzen-Rechnung diskutieren.